Ein Stammtisch der Reihe „Mitglieder stellen ihre Themen vor“ mit Marion Guerrero
Strategische Prozessführung – der Kampf um eine bessere Welt vor Gericht
Besonders im deutschsprachigen Raum wird Rechtsprechung oft als hierarchischer Prozess verstanden: Richter_innen wenden Recht an und bedienen sich dabei einer mehr oder weniger starren Methodik. Diese Sichtweise blendet aber aus, dass auch andere Akteur_innen einen Gerichtsprozess maßgeblich beeinflussen. So wird das Gericht in der Regel erst durch die Parteien aktiviert, die auch durch ihre Anträge den Rahmen abstecken, in dem sich ein Verfahren bewegt.
„Strategische Prozessführung“ (strategic litigation) bedeutet, gezielte Prozesse zu führen, um eine politische/gesellschaftliche Veränderung herbeizuführen – meist durch den Versuch, eine positive höchstgerichtliche Entscheidung zu erzielen, deren (politische) Auswirkungen weit über den Einzelfall hinausgehen. Die Prozessstrategie wird dabei normalerweise dem (gesellschafts-)politischen Ziel angepasst. Wird strategische Prozessführung eingesetzt, um für soziale Gerechtigkeit einzutreten, wird meist von „lawyering for social change“ oder „cause lawyering“ gesprochen. Meist sind es NGOs oder ähnliche Institutionen, die „cause lawyering“ betreiben. Aber auch einzelne Aktivist_innen oder kommerzielle Anwaltskanzleien können das Recht nutzen, um gesellschaftspolitisch tätig zu sein.
Ein typisches Beispiel für das Ergebnis strategischer Prozessführung ist das VfGH-Erkenntnis vom 4.12.2017 (VfGH G 258/2017), welches die Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare zum Ergebnis hatte.
Der Input von Marion Guerrero soll das Konzept der „strategischen Prozessführung“ beleuchten und seine Anwendbarkeit im europäischen Kontext besprechen – anhand des Beispiels der LGBTI-Rechte. Danach freuen wir uns wie immer auf Diskussion und Austausch!
Wir treffen uns am Freitag, den 29.3.2019 um 18:30 im Gasthaus Zum Wohl (Stumpergasse 61, 1060 Wien).
Mitglieder und an einer Mitgliedschaft interessierte Frauen sind herzlich willkommen!